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hilfe ware toll

Hilfe wäre toll gewesen! 

Ich erzähle euch von meiner Erfahrung, wobei ich mir bewusst bin, dass ein Arzt, der dies liest, möglicherweise anders reagieren würde, wenn er in einer solchen Situation mit einer Patienten ist. Mir ist auch bewusst, dass Ärzte oft mit ganz anderen Situationen um 3 Uhr morgens auf der Ambulanz konfrontiert werden und dass sie ein “dickes Fell” haben müssen, um manches Leid nicht mitzunehmen.

Dennoch wünschte ich mir in meiner Situation von meinem Gegenüber mehr Kompetenz und ernst genommen zu werden. Nach dieser Erfahrung überlege ich mir ernsthaft, ob ich bei einem erneuten, extremen CSU-Schub noch einmal um 3 Uhr morgens mit der Rettung ins Krankenhaus fahren möchte.

Kurz zu mir: Ich bin schwanger mit meinem zweiten Kind und habe während meiner ersten Schwangerschaft Urtikaria entwickelt, genauer gesagt eine CSU (chronische spontane Urtikaria). Wie der Name schon sagt, ist sie spontan und kommt und geht, wie es ihr passt – meine persönliche Antipode. Mein Urtikaria sprießt also unvorhersehbar, aber normalerweise nur klein und partiell, z.B. am Bein oder auf den Händen sowie am Bauch. Es reicht dann auch ein Antihistaminikum, damit sie wieder verschwindet.

Am 22.02.23 war alles anders. So etwas hatte ich als CSU-Patientin noch nie erlebt. Gegen 3 Uhr morgens lag ich im Bett und merkte, dass etwas komisch war. Ich fühlte mich eigenartig unruhig, etwas atemlos, schwindelig und mein Mund fühlte sich trocken und taub an. Mein Gefühl sagte mir, dass ich sofort aufstehen sollte. Ich folgte diesem Impuls und ging auf die Toilette. Dort verschlimmerten sich die Symptome, plötzlich juckte es mich am ganzen Körper. Ja, überall, sogar im Mund und im Hals. Am liebsten hätte ich mich mit einem Kaktus gekratzt.

Ich war mir der Situation jedoch nicht Herr, irgendwie war alles verklärt und unrealistisch. Es fiel mir schwer, klar zu denken. Auf dem Weg vom WC ins Bad wurde mir klar, dass ich kaum Luft bekam. Mein Mann kam zu mir und sagte: “Du hast am ganzen Körper Urtikaria.” In diesem Moment rutschte mir das Herz in die Hose und mein Panikmodus schaltete ein. Ich sagte ihm, dass ich ein Histamin und ein Kortison brauche. Normalerweise darf ich aufgrund meines Gewichts in Notfallsituationen wie dieser bis zu 3 Kortison und 2 Histamin Tabletten aufeinmal einnehmen. Aber auch wenn man schwanger ist? Ich wusste nicht, ob das Auswirkungen auf mein ungeborenes Kind hat.

Die zwei Tablette eingenommen, habe ich mich auf mein Sofa im Wohnzimmer gesetzt und die Nummer 1450 (Ärztenotdienst) angerufen. Dort habe ich niemanden erreicht, also habe ich die Nummer 141, den Wiener Ärztefunkdienst, angerufen. Dort wurde ich angehört und mit einem Arzt verbunden. Dieser meinte, ich solle zu meiner Sicherheit und der meines Kindes die Rettung rufen.

Diese war innerhalb von 5 Minuten bei mir. Ich erklärte ihnen meine Situation und nachdem ich alles, die E-Card und den Mutterkind Pass zusammen hatte, gingen wir in den Rettungswagen. Nachdem meine Sauerstoffsättigung, Puls und Blutdruck gemessen wurden, sind wir losgefahren. Ich war erleichtert, da ich nicht mehr alleine war und mein Mann sich um unsere kleine Tochter kümmern konnte. Zum Glück ist sie trotz des Trubels nicht aufgewacht.

Mit juckender und brennender Haut brachten mich die netten Sanitäter in die Klinik zur Dermatologie-Ambulanz. Es war ungefähr 4:00 Uhr morgens, als wir in der Klinik eintrafen. Der Rettungssanitäter meldete mich am Schalter an, es wurde ein COVID-Test gemacht und ich wurde auf die Station gebracht. Dort erfolgte noch eine zweite Anmeldung und dann? 

Ja, der Sanitäter ging und es passierte 20 Minuten lang nichts. Ich saß allein in einem verlassenen Krankenhaus und bemerkte, dass meine Symptome wieder stärker wurden. Mir wurde schlecht und ich übergab mich, aber niemand hat es mitbekommen. Nach weiteren Minuten des Wartens stapfte ein Arzt ins Behandlungszimmer, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Er schloss die Tür vor meiner Nase. Ich dachte, dass er den Bericht des Sanitäters lesen würde, aber diese kurze Pause dauerte weitere 10 Minuten. Mittlerweile war es 4:35 Uhr und ich wurde endlich aufgerufen.

Ich erzählte die Geschichte zum vierten Mal, nämlich dem Ärztenotdienst, der Rettung, dem Rettungssanitäter und ihm. Ehrlich gesagt war ich auch ziemlich entnervt, da alles juckte und  brannte. Der gute Herr wirkte müde, was ich um diese Uhrzeit verstand, aber seine Frage ließ  mich an seiner Kompetenz zweifeln. Weshalb war ich wohl in die Klinik gefahren? Er kommentierte nur mit einem mh auf den Lippen. 

Dann sagte er: “Ja, ich verstehe, wie kann ich Ihnen helfen? Wissen Sie, nehmen Sie jetzt einfach noch eine Tablette von Ihrem Antihistamin und dann jeden Tag 4 bis Sonntag, dann sollte es wieder gehen.“ An dieser Stelle fragte ich ihn, ob ich bei so einem schweren Schub nicht doch eine Infusion mit Kortison benötigen würde, denn ich hatte schon einmal so einen Schub und bekam eine ohne mit der Wimper zu zucken. Seine Antwort auf diese Frage war: “Ja, ich kann Ihnen eine geben, wenn Sie das wollen, aber die Tablette wirkt genauso gut.“

Ich bin kein Arzt und schwanger. Was ich jedoch weiß ist, dass oral eingenommene Medikamente nicht gleich wirken, wie eine Infusion.

An dieser Stelle fragte ich nur noch nach einem Glas Wasser, um die Tablette zu schlucken, und um eine Bestätigung mit Diagnostik und Behandlung für meine Gynäkologin. Dann wurde ich nach Hause geschickt. Ehrlich, so alleine und im Stich gelassen habe ich mich noch nie gefühlt, wie in dem Moment, als ich vor dem Spital auf der Straße stand. Ich bin mit dem Bewusstsein ins Krankenhaus gefahren, dass mir dort geholfen wird und wurde eines Besseren belehrt. 

Mit einem so schweren Schub im schwangeren Zustand keine ordentliche Behandlung zu erfahren, war eine einschneidende Erfahrung mich. 

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